Unentgeltlichkeit eines Erbverzichts im Zusammenhang mit schenkungsrechtlichen Widerrufsrechten
BGH, Urt. v. 07.07.2015 – X ZR 59/13 (= ZEV 2016, 90)
Bei der Zuwendung im Zusammenhang mit einem Erb- und Pflichtteilsverzicht handelt es sich jedenfalls dann um eine unentgeltliche Zuwendung im Sinne der schenkungsrechtlichen Widerrufsrechte, wenn diese lediglich einer Anrechnung auf den Pflichtteil oder einer erbrechtlichen Ausgleichung dienen soll. Ein solcher Wille sei mangels anderweitiger Anhaltspunkte regelmäßig anzunehmen, wenn die Höhe der Zuwendung in etwa der Erberwartung entspricht oder diese gar übersteigt. Das entschied jetzt der Bundesgerichtshof (BGH).
Ob und ggf. inwieweit hiernach eine Schenkung vorliegt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden, wobei es auf den Willen der Vertragsparteien ankommt. Maßgebliche Bedeutung kann dabei neben dem Wortlaut des Vertrages insbesondere den Umständen seines Zustandekommens und seiner Ausgestaltung im Einzelnen zukommen.
Praxishinweis: Der BGH stellt in seiner Entscheidung klar, dass die von ihm vorgenommene Abgrenzung nur im Zusammenhang mit schenkungsrechtlichen Widerrufsrechten, etwa wegen Verarmung des Schenkers oder groben Undanks des Beschenkten, gilt. Unter dem Aspekt der Anfechtbarkeit nach dem Anfechtungsgesetz sowie im Zusammenhang mit Pflichtteilsergänzungsansprüchen kann sich die Frage nach einer unentgeltlichen Zuwendung – je nach Einzelfall – somit anders darstellen.