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Gesellschaftsrechtliche Anwachsung ohne Abfindung kann Pflichtteilsrechte auslösen

BGH, Urt. v. 03.06.2020 – IV ZR 16/19

Lebzeitige Schenkungen des Erblassers können sogenannte Pflichtteilsergänzungsansprüche begründen, also das Mindestteilhaberecht des Pflichtteilsberechtigten am Nachlass erhöhen. Als eine solche pflichtteilsrelevante Schenkung hat es die Rechtsprechung bislang nicht angesehen, wenn Anteile des Erblassers an einer Personenhandelsgesellschaft bei einem anderen Gesellschafter anwachsen, ohne dass die Erben hierfür eine Abfindung erhielten.

Auch wenn der Bundesgerichtshof (BGH) an dieser Rechtsprechung festhält, entschied er nun für den Fall einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, dass ausnahmsweise eine Schenkung vorliegen könne, wenn auf den Tod eines Gesellschafters eine Anwachsung seiner Anteile beim Mitgesellschafter unter Ausschluss eines Abfindungsanspruchs vereinbart würde. Zu Grunde lag eine vermögensverwaltende Gesellschaft von Eheleuten, die Immobilien zur Eigennutzung sowie zur Vermietung unterhalb der ortsüblichen Miete hielt. Die Gesamtumstände ließen den Schluss zu, dass die gesellschaftsrechtliche Vertragsgestaltung nicht die Sicherung des Fortbestands der Gesellschaft bezweckte, sondern auf dem – nicht schützenswerten – rein erbrechtlichen Motiv beruhte, Pflichtteilsansprüche eines Sohnes aus erster Ehe möglichst weitgehend zu schmälern.

Praxishinweis: Pflichtteils(ergänzungs)ansprüche werden gesetzlich tiefgreifend geschützt. Erbrechtliche Konstruktionen, diese Ansprüche möglichst zu minimieren, sind in gewissem Maße und bestimmten Fällen möglich, bedürfen aber einer intensiven rechtlichen Prüfung.

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