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Außenseitermethode: Besonderheiten bei Sorgfaltsmaßstab und Aufklärung

BGH, Urt. v. 15.10.2019 – VI ZR 105/19

Wendet ein Arzt eine so genannte Außenseitermethode an, also eine nicht allgemein anerkannte Behandlung, die den Korridor des medizinischen Standards verlässt, so stellt dies nicht ohne weiteres einen Behandlungsfehler darf. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) sind in derartigen Fällen aber besondere Anforderungen an den Sorgfaltsmaßstab des Arztes und seine Aufklärung zu stellen.

So hat der Arzt hat vor der Behandlung eine verantwortliche Abwägung vorzunehmen, bei der die zu erwartenden Vorteile der geplanten Methode und ihre abzusehenden Nachteile mit der standardgemäßen Behandlung verglichen werden. Höhere Belastungen oder Risiken für den Patienten müssen in den Besonderheiten des konkreten Falles oder in einer günstigeren Heilungsprognose bei Anwendung der Außenseitermethode eine sachliche Rechtfertigung finden.

Der Patient muss zudem umfassend über das Für und Wider dieser Methode aufgeklärt werden. Dem Patienten sind nicht nur die Risiken und die Gefahr eines Misserfolges des Eingriffs zu erläutern, sondern er ist auch darüber aufzuklären, dass der Eingriff aktuell nicht medizinischer Standard ist.

Praxishinweis: Diese Grundsätze dürften auch für Neulandmethoden bedeutsam sein, also neuartige Methoden, über die sich in der medizinischen Praxis und Wissenschaft – im Gegensatz zu mehrheitlich abgelehnten Außenseitermethoden – noch keine abschließende Meinung herausgebildet hat. Relevant dürften sie zudem für individuelle Heilversuche sein, bei denen im Einzelfall mangels verfügbarer Behandlungsmöglichkeiten noch nicht erprobte Vorgehen oder Produkte angewendet werden.

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